Alte Allee 11
(gesprochen von Günther Piorkowski)
Hier lebte die Familie von Klaus Bonhoeffer und seiner Frau Emmi Delbrück mit drei Kindern von 1937 bis
1945. Ihr Haus fiel noch in den letzten Kriegstagen einem Bombenangriff zum Opfer. Seine Frau konnte sich
aus dem eingestürzten Haus retten; seine Kinder waren schon seit dem Sommer 1944 bei Verwandten in
Schleswig-Holstein in Obhut.
Klaus Bonhoeffer wurde am 05.01.1901 in Breslau geboren. Er war das dritte von acht Kindern. Seine Eltern
waren Paula von Hase und der Professor für Psychiatrie und Neurologie Karl Bonhoeffer. Klaus Bonhoeffer
war von Kindertagen an durchdrungen von einem glühenden Sinn für Fairness und Gerechtigkeit. Mit
seinem ihm eigenen sehr kritischen Verstand wählte er das Jura-Studium. Als promovierter Assessor
betätigte er sich zunächst als Rechtsanwalt, nahm 1936 eine Position als Syndikus und zwei Jahre später als
Chefsyndikus der Lufthansa an.
Klaus Bonhoeffer war von Anfang an klarsehender Gegner des NS-Regimes.
Angesichts der nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler unverzüglich etablierten polizeistaatlichen und
rassistischen Diktatur, war der Weg zu beliebigem und organisiertem Terror, zu Mord und zum Weltkrieg,
einer europäischen Katastrophe, vorgezeichnet. In diesem Bewusstsein und in enger Zusammenarbeit mit
seinen Schwägern Hans von Dohnanyi, Rüdiger Schleicher, Justus Delbrück und dessen Vetter Ernst von
Harnack, sämtlich Juristen, auch mit seinem 5 Jahre jüngeren Bruder Dietrich, dem Theologen, wirkte er
aktiv und konstruktiv mit an dem lebensgefährlichen, aber nicht aussichtslosen Versuch, einen innen- und
außenpolitisch abgestützten Staatsstreich im Namen von Humanität und verletztem Recht zustande zu
bringen. Auf solcher Basis hofften sie, viel Unheil abwenden zu können und ein international wieder
akzeptiertes, rechtsstaatlich verfasstes, demokratisches Nachher zu erreichen.
Am 1. Oktober 1944 wurde er verhaftet und am 2. Februar 1945 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt.
Aus der Haft im Moabiter Zellengefängnis wurde er zusammen mit seinem Schwager Rüdiger Schleicher
und weiteren Mitgefangenen in der Nacht vom 22. zum 23. April 1945 auf einem Ruinengrundstück von
einem SS Sonderkommando erschossen. Nach ihrer Auffindung begrub man sie, zusammen mit über 70
Bombenopfern, in einem großen Bombentrichter auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte.
Für Klaus Bonhoeffer wurde am 23. Juni 2015 vor dem heutigen Haus in der Alten Allee 9-11 als einem
nicht-jüdischen Opfer des Naziregimes ein Stolperstein verlegt, anschließend fand eine Gedenkfeier im
Bonhoefferhaus, Marienburger Alle 43, statt, dem Wohnhaus seiner Eltern seit 1935, in dem ebenfalls viele
Gespräche stattfanden.
Emmi Bonhoeffers Erinnerungen und Reflexionen über ihr Leben wurden 2004 zusammengefasst und vom
Lukas Verlag herausgegeben.
Verfasser: Nachfahren von Klaus Bonhoeffer