Familie Hamburger aus Brasilien in Eichkamp
Am Samstag, den 18. Feb. 2012 kam Ernst Wolfgang Hamburger, eremitierter Prof. der Physik, Sao Paulo, mit Söhnen, Tochter, Enkelsohn und Verwandten aus Berlin zu Besuch in sein ehemaliges Wohnhaus in der Eichkampstrasse. Als Dreijähriger, kurz vor der Flucht, versuchte Wolfgang Hamburger, wagemutig aus dem Dachfenster (Foto) zu klettern, ein Bruder entdeckte ihn.
Sein Sohn Cao Hamburger, ein in Brasilien bekannter Filmregisseur, hatte auf der Berlinale seinen Film Xingu vorgestellt. Einige Eichkamper waren dabei, wie enthusiastisch das Publikum diesen besonderen Film aufnahm. Die Brüder Villas Boas, retteten als Ethnologen in den 50/60iger Jahren einen Landstrich und deren indigene Bewohner am Fluß Xingu (Nebenfluss des Amazonas). Sie erreichten, dass dort ein Nationalpark entstand.
Wer die Fluchtgeschichte der in Deutschland tief verwurzelten Familie Hamburger – aufgeschrieben von Charlotte Hamburger (Eichkampbuch S.204, auch in Marlen Eckl „Auf brasilianischem Boden fand ich eine neue Heimat“, 2005) aus Eichkamp nach Brasilien kennt, musste bei diesem Film an dieses Schicksal denken.
Wie muss es für diese Familie sein, das frühere Haus zu sehen, 1936 aus Deutschland vertrieben.
– Vom beschaulichen Eichkamp ins ferne Brasilien in eine ungewisse Zukunft, ohne Arbeit und Sprachkenntnisse, angewiesen auf die Unterstützung und Toleranz Fremder. Caio Hamburger überlegt, vielleicht einen Film über die Flucht der Familie zu drehen.
Ein Sohn meinte, er habe sich immer als Brasilianer gefühlt, jetzt wisse er, dass er auch nach Berlin gehöre – “noch einen Koffer hier habe“. Die Tochter, Professorin an der Univers. von Sao Paulo, erinnerte sich an das Fotoalblum ihrer Großmutter, in dem sich viele Aufnahmen der langen Schiffsreise nach Brasilien befinden.
Der Enkelsohn lernt Deutsch, studiert Germanistik in Sao Paulo, will demnächst in Babelsberg ein Praktikum machen. Charlotte Hamburger überlegte nach dem frühen Tod ihres Mannes 1953 nach Berlin zurückzukommen, entschied sich dann aber doch in Brasilien zu bleiben – hier fand sie keinen Platz mehr für sich. Im Juni wird in Brasilien ein großes Familientreffen mit den in die ganze Welt verstreuten Verwandten stattfinden.
Für einen Onkel, Dr. Georg Hamburger, wurde in Charlottenburg 2010 ein Denkstein (ähnl. Stolperstein) verlegt. Er gehörte zur bekennenden Kirche, wurde 1943 nach Theresienstadt deportiert und ermordet.
Danke an die herzliche Einladung und Bewirtung in der Eichkampstraße bei diesem bewegenden Treffen.
Lesung aus dem Buch an der Bücherbox am Gleis 17